Italien hat ein langfristiges Wachstumsproblem. In den zehn Jahren bis 2019 stieg das Bruttoinlandsprodukt preisbereinigt nur um jahresdurchschnittlich 0,3 %. Nie gelöste strukturelle Probleme haben dies mitverursacht. Dann kam Corona mit einem BIP-Einbruch von 8,3 %. Das Land litt im Frühjahr unter einem langen und harten Lockdown.
Auch Italien hat zuletzt verschärfte Anti-Corona-Maßnahmen ergriffen, um dem Wiederaufflammen der Pandemie entgegenzuwirken. Unterstützt durch die erwarteten ersten Zahlungen aus dem EU-Aufbauplan dürfte 2021 das Wachstum zwar 6 % erreichen. Trotzdem wird die gesamtwirtschaftliche Leistung ihr Vor-Corona-Niveau voraussichtlich erst 2023 erreichen.
Die Arbeitslosigkeit, die aufgrund statistischer Verzerrungen im Frühjahr zu niedrig ausgewiesen wurde, dürfte in den nächsten Monaten weiter steigen. Dies dämpft den Konsum, zumal die Tariflöhne kaum zulegen. Stark getroffen ist weiterhin der Dienstleistungssektor, insbesondere der Tourismus.
Vor dem Hintergrund der Corona-bedingt verschlechterten Eigenkapitalbasis gerade bei vielen italienischen Kleinunter nehmen dürften auch die Investitionen nur mit angezogener Handbremse in den Aufholprozess starten. Allerdings ist für 2021 mit dem Beginn des Geldsegens aus der EU zu rechnen. Italien dürfte sich zuerst auf die rund 65 Mrd. Euro konzentrieren, die es als nichtrückzahlbare Transfers bekommt. Inklusive der Kredite belaufen sich die Mittel sogar auf 205 Mrd. Euro. Geplant werden Projekte in der Infrastruktur sowie u. a. in den Schlüsselbereichen Digitalisierung, ökologische Transformation und Bildung.
Bis 2026 wird Italien stärker expandieren, auch wenn sich die Umsetzung der Projekte verzögern kann. Das zusätzliche Wachstum dürfte maximal einen halben Prozentpunkt erreichen. Bereits vor dem Beschluss über europäische Hilfen wurden mit zwei Dekreten Schutzschirm- und konjunkturpolitische Maßnahmen auf den Weg gebracht. Um die Wirksamkeit der Hilfsprogramme zu erhöhen und deren Umsetzung zu beschleunigen, wären Reformen in der Verwaltung und im Justizsystem notwendig. Dies würde die Wettbewerbsfähigkeit des Landes steigern.
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