Deutschland

Gestärkt aus der Krise

Deutschland hat die Corona-Krise noch nicht überwunden. Das Bruttoinlandsprodukt dürfte allerdings 2020 mit kalender­bereinigt 5,4 % weniger stark ein­brechen als im Währungs­raum. Der Aufholprozess ist in Gang gekommen. Die Rettungs­politik des Staates hat die Schäden ver­ringert. Zusätzliche Impulse gibt das Kon­junk­tur­programm von rund 130 Mrd. Euro.

Nach dem Einbruch der Wirt­schaftsleistung im Frühjahr und einer kräftigen Gegen­bewegung im dritten Quartal wird das Wachstum im Schlussquartal 2020 aufgrund der verschärften Maßnahmen zur Pandemie­bekämpfung weitgehend zum Erliegen kommen.

Das Jahr dürfte mit einem kalen­derbereinigten Rückgang des Brutto­in­lands­produkts von 5,4 % abschließen. Die Frühindikatoren signalisieren aber eine Fortsetzung des Auf­schwungs. 2021 wird die Volkswirtschaft um schätzungs­weise 5 % wachsen. Bereits im nächsten Herbst sollte das Vor­krisenniveau wieder erreicht sein.

Die CoronaKrise hat den Abstand beim Pro-Kopf-Einkommen zwischen Deutschland und der Eurozone vergrößert.

Im Gegensatz zu Frankreich oder Italien sind die öffentlichen Konsumausgaben im Frühjahr 2020 gestiegen. Sie stehen immer­hin für ein Fünftel des Brutto­inlandsprodukts und dürften 2020 um 3,5 % zugelegt haben. 2021 ist aufgrund der expansiven Aus­gabenpolitik erneut ein Plus von 3 % zu erwarten. Ausgeweitet wurden 2020 insbesondere die monetären Sozialleistungen. Den Einkommensverlust durch Kurzarbeit und gestiegene Arbeitslosigkeit haben die Sozial­versicherungen abgepuffert.

Die Zahl der Kurzarbeiter, die zuletzt noch bei etwa 3,3 Millionen lag, dürfte 2021 weiter sinken. Auch die Arbeitslosigkeit sollte zurückgehen. Die Menschen kehren schrittweise in die reguläre Beschäftigung zurück. Dies braucht aber Zeit. Der Jahres­durchschnitt der Arbeitslosenzahl liegt 2021 mit voraussichtlich 2,8 Millionen noch um 530.000 Personen höher als 2019.

Die Konsumausgaben dürften 2021 um real 5 % zulegen. Die Verbraucher sind allerdings aufgrund der noch angespannten Deutschland Pandemielage in ihren Möglichkeiten vor allem bei Dienstleistungen beschränkt. Profitiert hat der Einzelhandel, wenn auch nicht in allen Bereichen. Das Umsatzniveau der Vor­krisen­zeit ist schon über­schritten. Gewinner ist vor allem der Internethandel, die Lage im stationären Handel hat sich aber ebenfalls verbessert.

Prognosetabelle Deutschland - Märkte und Trends 2021

Der Konsumzuwachs geht mit einem Anstieg der verfügbaren Einkommen von nur etwa 4% einher. Jedoch normalisiert sich das Sparverhalten der privaten Haushalte. Die Sparquote dürfte nach dem sprunghaften Anstieg 2020 auf 16 % um drei Prozent­punkte sinken. Gebremst wird der reale Konsumzuwachs 2021 durch einen etwas höheren Deflator. So wird die Mehr­wert­steuer zu Jahres­beginn auf ihr ursprüngliches Niveau gesetzt und höhere Energie­notierungen wirken preissteigernd.

Investitionen entscheiden über Wettbewerbsfähigkeit

Die Erholung der globalen Aus­rüstungsinvestitionen braucht Zeit. Die Kapa­zitäten im Ver­ar­beitenden Gewerbe sind noch unter­ausgelastet, sodass Er­weiterungen erstmal nicht vor­dring­lich sind. Zudem hat die scharfe Rezession die Ertragslage der Unternehmen ver­schlechtert. Seit langem belasten pro­tek­tionistische Tendenzen und die Folgen des Brexit. Dies spürt gerade die deutsche Industrie, die stark auf Kapitalgüter konzentriert ist.

Die Exporte dürften 2021 mit einem Zuwachs von 8 % nur einen Teil des vor­herigen Rückschlags (2020: – 12 %) aufholen. Infolgedessen steigen auch die Ausrüstungen im Inland mit angezogener Handbremse. So wird es nach dem Einbruch von schätzungsweise 18 % voraussichtlich mehrere Jahre dauern, bis das Vorkrisenniveau erreicht ist. Ausgehend vom niedrigen Niveau dürften die Investitionen in Fahrzeuge und Maschinen 2021 um 12 % zulegen.

Das deutsche Kon­junk­tur­programm hilft, die internationale Wett­be­werbs­fähigkeit zu verbessern, z. B. durch die Absenkung der EEG-Umlage, die degressive Abschreibung, die Verbesserung bei der Forschungs­förderung, den steuerlichen Verlustrücktrag Sozial­ver­sicherungsbeiträge auf 40 % bis 2021. Zudem erleichtert die Förderung den deutschen Unternehmen in den Bereichen Elektromobilität, Wasser­stofftechnologie, Künstliche Intelligenz (KI) und Quanten­technologie, ihre Position zu verbessern.

Neben den Konsumausgaben des Staates sind 2020 nur die Bauinvestitionen um etwa 1% gestiegen. Auf den Baustellen konnte nahezu ungestört weiter­gearbeitet werden. Allerdings haben sich die Auftragseingänge bis in den Sommer hinein ab­ge­schwächt. Eine Besserung ist bereits in Gang gekommen. Der Bedarf an neuen Wohnungen und Sanierungen bleibt hoch. Die Norma­lisierung am Arbeitsmarkt dürfte die bestehende Verunsicherung verringern und die Finanzierungsbedingungen bleiben für Käufer hervorragend. Der öffentliche Bau wird weiterhin von der Ausgabenpolitik der Gebiets­körperschaften profitieren. Schwieriger ist die Lage jedoch im Wirtschaftsbau. Insgesamt dürften die Bauinvestitionen 2021 mit 2 % wieder etwas kräftiger zulegen.

Grafik Deutschland Investitionen - Märkte und Trends 2021

Deutschland investiert in die Zukunft

Während die Unternehmen ihre Investitionen in Maschinen und Fahrzeuge 2020 drastisch eingeschränkt haben, fielen die Kürzungen bei Forschung und Entwicklung sowie Software deutlich geringer aus. Sie sind der wesentliche Bestandteil der Investitionen in „Sonstige Anlagen“, deren Anteil an den gesamten Anlagen mittlerweile auf fast 19 % gestiegen ist. Um die Wett­bewerbs­fähigkeit mit Hilfe neuer Verfahren und Produkte sowie der Digi­ta­lisierung von Arbeitsprozessen zu steigern, dürften die Unternehmen Deutsch­land auch in den kom­menden Jahren mehr in diese Bereiche investieren. Die deutsche Industrie spielt im internationalen Vergleich weiter vorne mit.

Aus der Sozialen Marktwirtschaft darf kein Nanny-Staat werden.

Schutzschirmpolitik und Kon­junk­tur­programme sind in der be­son­deren Situation der Pan­demie die richtige Antwort auf die ent­standenen Schwierigkeiten. Die deutsche Volks­wirtschaft kommt wieder in Schwung. Die Wirt­schaftspolitik muss deswegen allmählich an den Rückzug aus dem Wirtschaftsleben denken. Aus der Sozialen Marktwirtschaft darf kein Nanny-Staat werden. Dies würde zu Lasten der Produktivität und damit der Wettbewerbsfähigkeit gehen.

Das öffentliche Defizit ist 2020 auf schätzungsweise 6,5 % des Brutto­inlands­produkts hochgeschnellt, deutlich mehr als während der Finanzkrise (2009: – 3,2 %). Die Staats­verschuldung dürfte um mehr als 10 Prozentpunkte auf dann gut 70 % des Brutto­inlandsprodukts steigen. Dieser finanzielle Kraftakt war problem­los möglich, da der Krise Jahre einer soliden Haushaltspolitik voran­ge­gangen waren. An diese sollte die im Oktober 2021 neu gewählte Regierung rasch wieder anschließen, um mögliche künftige Krisen bewältigen zu können.

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