Was macht eine lebenswerte Stadt aus? Die Antwort darauf unterliegt dem Wandel der Zeit und kann von Mensch zu Mensch sehr individuell sein. Doch es gibt Gemeinsamkeiten. Nahezu alle größeren Städte-Rankings kommen zum Schluss: Sind urbane Räume sicher, grün und mit ausreichend Schul- und Kitaplätzen ausgestattet, fühlen sich die Menschen wohl. Gutes Internet und gut ausgebauter Nahverkehr steigern zusätzlich den Wohlfühlfaktor. Doch das Problem ist: Das alles kostet viel Geld. Und das ist knapp.
In den deutschen Kommunen wächst der Investitionsstau. Etwa 186 Milliarden werden für Infrastruktur, Digitalisierung, Gesundheit oder Bildung gebraucht, wie der Deutsche Städte- und Gemeindebund erhoben hat. Es fehlt vor allem an neuen Schulen, Kitas und Straßen. Hinzu kommt, dass auch für den Klimaschutz und Anpassungen an den Klimawandel Geld fließen muss, um Städte in Zukunft lebenswerter zu gestalten.
Auch in Offenbach ist die Liste mit wichtigen Bauvorhaben lang. Die hessische Stadt wächst seit Jahren konstant. 132.096 Einwohnerinnen und Einwohner sind es Anfang 2025. „Das ist erfreulich, aber stellt an uns die Aufgabe, für die jüngeren Generationen neue Schul- und Kitaplätze zu schaffen“, sagt Martin Wilhelm. Als Stadtkämmerer steht er vor der Herausforderung, trotz klammer Kassen Finanzierungen für diese wichtigen Projekte zu entwickeln: „Mit klassischen Kommunalkrediten stößt man irgendwann an seine Grenzen“, erklärt er.
„So ein Prozess ist herausfordernd für uns als Stadt, aber es hat alles in allem sehr gut funktioniert. Das lag auch daran, dass wir mit der Helaba eine Partnerin hatten, die Kommunen einfach versteht.“
Martin Wilhelm,
Stadtkämmerer der Stadt Offenbach am Main,
1. Förderung nachhaltiger Investitionen
Grüne Schuldscheindarlehen finanzieren gezielt Projekte für Umwelt- und Klimaschutz, etwa energieeffiziente Gebäude, Hochwasserschutz oder klimafreundliche Mobilität.
2. Zugang zu neuen Finanzierungsquellen
Grüne Schuldscheindarlehen ermöglichen Kommunen den Zugang zu neuen, nachhaltigkeitsorientierten Investoren jenseits klassischer Bankkredite.
3. Kosten und Förderung
Schuldscheine verursachen geringere Emissionskosten als Anleihen und können bei nachhaltiger Ausrichtung zusätzliche Fördermittel ermöglichen.
4. Unterstützung langfristiger Klimaziele
Zweckgebundene grüne Schuldscheine unterstützen Kommunen wie Offenbach bei der Erreichung ihrer Klimaziele – etwa der Klimaneutralität bis 2045.
5. Innovation und Wettbewerbsfähigkeit
Nachhaltige Projektfinanzierung fördert Innovation und stärkt die Wettbewerbsfähigkeit durch zukunftsorientierte Infrastrukturen.
Umso aufgeschlossener ist Martin Wilhelm, als vor gut zwei Jahren sein Amtsleiter Markus Riedl eine Lösung mit Weitsicht vorschlägt: Grüne Schuldscheindarlehen wie sie bisher nur deutlich größere Kommunen wie München, Hannover, Köln und Münster begeben haben. Zu finanzierende Projekte müssen dabei marktgängige ESG-Kriterien (Environmental, Social and Governance) erfüllen. Für die Stadt Offenbach bietet das Vorhaben entscheidende Vorteile: „Wir erschließen neue Investorengruppen, die wir mit einem klassischen Kommunalkredit nicht erreichen. Dadurch können wir unsere Gläubigerstruktur erheblich diversifizieren“, sagt Markus Riedl. Hintergrund ist die gestiegene Nachfrage seitens großer Investoren nach langfristigen und nachhaltig ausgerichteten Geldanlagen. Um aus der Idee ein marktfähiges Paket zu schnüren, braucht es allerdings einen Finanzpartner.
Der Weg führt schnell zur Helaba, die das Voranbringen nachhaltiger Infrastruktur als eine ihrer Kernaufgaben sieht und deshalb schon umfangreiche Erfahrung in der Strukturierung nachhaltiger Finanzinstrumente hat. Seit 1982 haben beide Seiten schon in vielen Projekten zusammengearbeitet. Diesmal agiert die Bank federführend als sogenannter Sole Lead Arrangeur – also als strukturierende und koordinierende Bank, die über den gesamten Lebenszyklus der Schuldscheindarlehen als Schnittstelle zwischen Emittentin und Investoren fungiert. Teil des Teams ist Rainer Neidnig. Er hat als Head of Sustainable Finance Advisory bei der Helaba schon mehrfach nachhaltige Finanzierungen für Kommunen oder kommunale Gesellschaften begleitet und sieht im grünen Schuldschein den sinnvollsten Weg, in die Zukunft der Menschen in Offenbach zu investieren: „Hier gehen Ökologie und Ökonomie wirklich Hand in Hand. Investoren haben Interesse an der nachhaltigen Geldanlage, die Stadt kann finanzintensive Projekte anschieben und für mehr Lebensqualität sorgen.“
„Wir erschließen neue Investorengruppen, die wir mit einem klassischen Kommunalkredit nicht erreichen.“
Markus Riedl,
Amtsleiter Kämmerei, Kasse und Steuern Stadt Offenbach am Main
Nachhaltige Finanzierungslösungen: Unser Engagement für Umwelt, Gesellschaft und Menschen.
Und mit dieser Synergie überzeugen das Team um Martin Wilhelm den Markt, wie das Closing zeigt. Im Januar 2025 am Kapitalmarkt platziert, ist der Schuldschein in Höhe von 136,5 Millionen Euro nach wenigen Tagen schon überzeichnet, „also mehrere Wochen vor Fristende“, erklärt Wilhelm. Vor allem Versicherungen, Förderbanken sowie Pensionskassen investieren. Nach zehn, 15 und 30 Jahren sind die Tilgungen fällig, was dem Wunsch der Stadt nach möglichst langen Laufzeiten entspricht und den Geldgebern Planungssicherheit bietet.
Um klar festzuhalten, für was und wie das Geld eingesetzt wird, entwickelt die Stadt mithilfe der Helaba ein sogenanntes Green Finance Framework. Darin steht, was wie und warum gefördert wird. „Es orientiert sich an den allgemein anerkannten Marktstandards der Green Bond Principles der International Capital Market Association (ICMA) und der Green Loan Principles der Loan Market Association (LMA)“, sagt Rainer Neidnig. Dieses Framework wurde von einem unabhängigen Dritten – in diesem Fall die europaweit tätige Kreditrating- und Nachhaltigkeitsagentur EthiFinance – im Rahmen einer sogenannten Second Party Opinion überprüft, welche die vollständige Einhaltung der relevanten Marktstandards bestätigte.
Millionen Euro ist die Höhe des Schuldscheins.
Im Framework werden insbesondere Kriterien für die Mittelverwendung und die Auswahl geeigneter Investitionen in energieeffiziente Gebäude sowie Anpassungsmaßnahmen an den Klimawandel festgelegt. Im Fokus stehen dabei neben der Ertüchtigung und des Ausbaus des Maindeichs, vor allem geplante oder im Bau befindliche Schulen und Kindertagesstätten. Für die städtische Leiterin des Hochbaumanagements, Anna Heep, ein Indiz für die richtige Strategie in der Vergangenheit. „Unsere Bauprojekte erfüllten komplett die Kriterien für den Schuldschein, ohne dass wir nachkorrigieren mussten. Wir sind daher froh, dass wir so zukunftsorientiert geplant haben.“ Seit 2007 schon liegt der Fokus auf modernen Bildungsbauten; ein Klimakonzept mit einem Netto-Null-Ziel bis 2045 gilt seit 2020. Alle Gebäude sind daher nach Energieeffizienzstandards der EU geplant. Seit 2022 ist die Stadt Mitglied in der Deutschen Gesellschaft für Nachhaltiges Bauen – DGNB e.V. und professionalisiert sich im Bereich des nachhaltigen Bauens. Die Neubauten übertreffen die Vorgaben meist deutlich. So verbraucht die neue Grundschule der IGS Lindenfeld 60 Prozent weniger Energie als gesetzlich vorgegeben.
Dabei profitieren auch die Schüler, wie Anna Heep weiß. Die Architektin ist unter anderem Expertin für pädagogische Architektur: „Die meisten Schulen sind in sogenannter Clusterbauweise geplant.“ Das Konzept erweitert die klassische Struktur mit langen Fluren und abgehenden Klassenräumen zu einem offenerem Miteinander. „Das fördert den Austausch, bietet aber auch Rückzug in kleinere Gruppen für moderne Lehransätze.“
Anna Heep,
städtische Leiterin des Hochbaumanagements in Offenbach am Main
Die klaren Vorteile des grünen Finanzinstruments bringen dennoch zusätzliche Arbeit für die Verwaltung. Zum Beispiel müssen alle Dokumente und Informationen für die Investorenrunde zusammengetragen und über die Jahre hinweg die Zahlungen gemanagt werden, welche die Helaba als Zahlstelle den Investoren zur Verfügung stellt. Daher geht Offenbach auch hierbei neue Wege und bündelt alles im GEO – dem Grünen Eigenbetrieb Offenbach. Mit Hilfe einer schlanken Struktur sind Expertinnen und Experten aus den Bereichen Bauen und Finanzen dazu in einem treuhänderischen Betrieb versammelt, der unter dem Dach der Stadt verortet ist. Das erhöht die Handlungsschnelligkeit und bietet Investoren dennoch alle Sicherheiten im Zuge der Finanzierung öffentlicher Projekte. Martin Wilhelm sagt: „So ein Prozess ist herausfordernd für uns als Stadt, aber das Etablieren des GEO hat alles in allem sehr gut funktioniert. Das lag auch daran, dass wir mit der Helaba eine Partnerin hatten, die Kommunen einfach versteht.“
Mit ihrem mutigen Schritt an den nachhaltigen Kapitalmarkt hat die Stadt Offenbach vorgemacht, wie eine Kommune sich Spielraum für wichtige Investitionen schaffen kann. Oder wie Kämmerer Martin Wilhelm sagt: „Der Aufwand hat sich gelohnt, für die gesamte Stadt.“
„Hier gehen Ökologie und Ökonomie wirklich Hand in Hand. Investoren haben Interesse an der nachhaltigen Geldanlage, die Stadt kann finanzintensive Projekte anschieben und für mehr Lebensqualität sorgen.“
Rainer Neidnig,
Head of Sustainable Finance Advisory Helaba