Text: Anke Bunz
Erschienen in: SparkassenZeitung (05. März 2019)
Frau Kassebart — wenn am 29. März 2019 immer noch „no deal" zwischen der EU und Großbritannien gefunden ist, packen Sie dann die Koffer?
Das wird nicht nötig sein. Die Helaba bleibt in London, unser German Desk bleibt, und ich auch. Als Bank werden wir zwar das sogenannte EU Passporting nicht mehr nutzen können und müssen wie viele andere auch eine Lizenz in Großbritannien beantragen. Aber das läuft bereits, und die Bank of England hat ein Übergangsregime eingeräumt, sodass für einen „no deal" Brexit vorgesorgt wäre. Wir rechnen sogar eher damit, dass die Zahl der Anfragen aus Deutschland noch zunehmen wird — in den letzten beiden Jahren haben bereits immer mehr Firmen ein Konto hier auf der Insel eröffnet oder sogar Tochtergesellschaften gegründet.
Für die Kontoeröffnung in Großbritannien ist der German Desk der Helaba die erste Anlaufstelle für Sparkassen, wir können Geschäftskonten für Firmenkunden der Sparkassen in unserer Niederlassung führen.
Großbritannien ist der viertgrößte Ausfuhrmarkt für Deutschland. Es gibt aber sehr unterschiedliche Einschätzungen dazu, wie stark Deutschlands Exporteure vom harten Brexit betroffen wären. Wie sehen Sie das?
Es gibt im Grunde zwei Gruppen. Manche Unternehmen werden erst einmal abwarten, weil Exporte nach UK nur einen geringen Anteil ihres Umsatzes ausmachen. Im Falle von zukünftigen Zöllen oder Handelsbeschränkungen werden diese Firmen das UK-Geschäft vielleicht sogar einstellen, weil sich der Mehraufwand nicht lohnt. Die zweite Gruppe der zahlreichen Exporteure mit signifikantem UK Geschäft bereiten sich auf die möglichen Folgen des Brexit schon lange vor. Die größte Herausforderung für sie ist sicherlich die Ungewissheit und damit die fehlende Planungssicherheit.
Dass die Unternehmen „sich vorbereiten", hört man ständig. Was genau tun sie denn?
Meine Beobachtung ist, dass Unternehmen sich eng austauschen entlang ihrer Lieferketten. Zum Beispiel schicken sie sich gegenseitig Fragebögen, um herauszufinden, mit welchen Preissteigerungen und Verzögerungen sie in beide Richtungen kalkulieren müssen. Auch Personalentsendungen sind ein Thema. Unserer Erfahrung nach sind die Kammern die ersten Ansprechpartner für diese Themen, IHK, GTAI und British Chamber haben ein gutes Informationsangebot im Netz. Unternehmen, die Geschäftsbeziehungen mit Großbritannien haben, sollten die Checklisten der Handelskammern durchgehen und so herausfinden, ob sie an alle möglichen Auswirkungen auf ihren Geschäftsbetrieb durch den Brexit gedacht haben.
Als Sparkassenzentralinstitut mit Niederlassung in London ebnen wir den Sparkassen und ihren besten Kunden den Weg nach Großbritannien.
Zahlungsverkehr
Finanzierungen
Netzwerk
„Unternehmen, die Geschäftsbeziehungen mit Großbritannien haben, sollten die Checklisten der Handelskammern durchgehen und so herausfinden, ob sie an alle möglichen Auswirkungen auf ihren Geschäftsbetrieb durch den Brexit gedacht haben.
Anna-Maria Kassebart
Leiterin des "German Desk" am Standort London
Ein Thema, das Privat und Firmenkunden gleichermaßen beschäftigt, ist der Zahlungsverkehr. Bleibt Großbritannien Teil des Sepa-Raums?
Davon ist auszugehen. Weder Großbritannien noch die EU sollten ein Interesse daran haben, das zu ändern. Und mit Liechtenstein und der Schweiz ist der Sepa-Raum auch heute schon größer als die EU. Einschränkungen im Zahlungsverkehr erwarten wir demnach nicht.
Vor ein paar Jahren war es sehr in Mode, auch in Deutschland Unternehmen nach dem Modell der britischen „Limited" zu gründen. Wird das Modell Bestand haben?
Das wird sich ändern. Diese Gesellschaftsform wird in Deutschland nicht mehr anerkannt sein. Hier wird voraussichtlich faktisch auf eine OHG oder GbR umgestellt, also auf die Vollhaftung des Gesellschafters. Ob das den betroffenen Unternehmen immer schon bewusst ist, könnten Sparkassen in einem Gespräch mit ihren Kunden klären.
Klar ist nur: Wenn es keine Verhandlungslösung gibt, scheidet Großbritannien komplett aus der EU aus. Was ändert sich in diesem Fall rund um mein Geld?