Im ersten Halbjahr 2021 ist ein großer Schritt aus der Corona-Pandemie erfolgt. Das deutsche Bruttoinlandsprodukt (BIP) stieg um 2,9 % gegenüber dem Vorjahr (nicht kalenderbereinigt), nachdem es 2020 zu einem Einbruch von 4,9 % gekommen war. Hessen wuchs mit 2,8 % in fast gleichem Tempo, allerdings war der Rückgang 2020 mit 5,6 % ausgeprägter gewesen.
Im zweiten Halbjahr 2021 lässt die Dynamik nach. Lieferengpässe, Kapazitätsgrenzen und eine steil gestiegene Inflation wirken sich dämpfend aus. Das deutsche Wirtschaftswachstum beträgt im Gesamtjahr schätzungsweise nur 2,8 % – Hessen dürfte eine ähnliche Rate erreichen.
Erst 2022 wird der Knoten platzen und die bei vielen Branchen aufgestaute Nachfrage bedient werden, so dass eine hohe Zunahme des deutschen BIP von 3,9 % absehbar ist. Für Hessen sollte der Aufschwung mit 4,2 % noch etwas kräftiger ausfallen.
Durch den sukzessiven Abbau der Reisebeschränkungen werden sich Messebetrieb und Luftverkehr erholen. Dies wird sich positiv auf den Frankfurter Flughafen auswirken, dessen Passagieraufkommen im Oktober 2021 immer noch mehr als 40 % unter dem Durchschnitt von 2019 lag.
Zudem müsste sich die Situation für die hessische Hotellerie verbessern, die besonders unter den Reiserestriktionen gelitten hat und 2021 auf 85 % der internationalen und 65 % der heimischen Gäste verzichten musste (verglichen mit 2019).
Die Industrie erlebte dagegen in den ersten acht Monaten ein Auftrags- und Umsatzplus von 19 % bzw. 14 % und übertrifft damit das Vorkrisenniveau.
Das Baugewerbe entwickelte sich unbeeindruckt von der Pandemie weiter, stößt aber inzwischen an Kapazitätsgrenzen, so dass Umsatz und Arbeitsstunden leicht rückläufig waren (-3,5 % bzw. -1,2 %). Beim Auftragseingang ist der Bauboom in Hessen sichtbar (+15,3 %).
Die Impulse aus den verschiedenen Wirtschaftszweigen führten in der Summe zu einer deutlichen Verringerung der hessischen Arbeitslosenquote auf 4,7 %.
Das Wirtschaftswachstum in Thüringen dürfte 2021 mit 2,8 % den bundesdeutschen Durchschnitt erreichen, dafür spricht die Entwicklung in den ersten acht Monaten. Die Thüringer Industrie verbuchte einen Umsatzzuwachs von 13 %, der dem gesamtdeutschen Durchschnitt entsprach, wobei alle großen Wirtschaftszweige im Plus waren.
Besonders hohe Steigerungsraten erzielten Kfz-Herstellung/Kfz-Teile mit 24 % und Elektrotechnik/Optik/elektrische Ausrüstungen sowie Metallerzeugnisse mit jeweils 18 %. Die ebenfalls wichtigen Branchen Maschinenbau und Nahrungsmittelgewerbe blieben mit ihren Zunahmen mit 12 % bzw. 2 % unter dem Durchschnitt.
Die diversifizierte Industriestruktur Thüringens bildet 2022 die Grundlage für ein erneut durchschnittliches Wirtschaftswachstum von 3,9 %. Sie bietet nämlich viele Ansatzpunkte für Digitalisierung und Nachhaltigkeit, die in den kommenden Jahren gefragt sein werden. Die Auftragseingänge aus dem In- und Ausland sind mit +25 % bzw. 32% ebenfalls vielversprechend.
Da das Bundesland im Tourismus kaum von ausländischen Gästen abhängig ist, konnte es zuletzt etwas aufholen, wobei die Gästezahlen noch immer 55 % unter denen von 2019 liegen. Dienstleister, aber auch das Baugewerbe, die enger mit den Bedürfnissen der Bevölkerung vor Ort verknüpft sind, haben es aufgrund der demografischen Entwicklung schwerer und liefern – wenn überhaupt – nur unterdurchschnittliche Impulse.
Der Arbeitsmarkt spürt die Alterung der Erwerbspersonen schon jetzt. Thüringen weist mit 4,9 % eine unterdurchschnittliche Arbeitslosenquote auf (Deutschland im Oktober 2021: 5,2 %) und die Zahl der sozialversicherungspflichtig Beschäftigten stieg im August gegenüber dem Vorjahr nur um 0,4 % (Deutschland: 1,5 %).
In Nordrhein-Westfalen (NRW) fiel die Erholung im ersten Halbjahr 2021 mit 1,8 % um einen Prozentpunkt niedriger als der Bundesdurchschnitt aus. Allerdings war der Rückgang 2020 mit 4,4 % ebenfalls geringer. Die bundesweite Abschwächung aufgrund des limitierten Angebots von Vorprodukten lässt das nordrhein-westfälische BIP nicht unberührt. Für 2021 ist mit einer Wachstumsrate von rund 2 % zu rechnen.
Wie nach der Finanzkrise ist der Aufholprozess in NRW weniger dynamisch, so dass 2022 ein Wirtschaftswachstum von 3,6 % die Obergrenze darstellen dürfte. In NRW stammt nämlich nur noch 17 % des wirtschaftlichen Outputs aus der zyklischen Industrie, während der Dienstleistungssektor inklusive Staat 73 % beiträgt.
Diese Struktur, die aus der langjährigen Schrumpfung der Montanindustrie resultiert, wird sich durch die Dekarbonisierung der Produktionsprozesse und Konsumgewohnheiten nochmals ändern. Denn das Land weist die größte Menge an emittierten Tonnen CO₁-Äquivalenten auf und zählt damit pro Einwohner betrachtet zu den größten Verursachern von Treibhausgasen.
Die für den Kohleausstieg in Aussicht gestellten Kompensationszahlungen sollten in NRW nicht strikt auf die betroffenen Regionen begrenzt werden. Besser wäre es, Probleme gemeinsam anzugehen.
Eine Förderung der Flexibilität unter Einbeziehung moderner Mobilitätskonzepte und der digitalen Anbindung der Arbeitsplätze tut schon jetzt Not. So ist die durchschnittliche Arbeitslosequote der 22 kreisfreien Städte, in denen gut 40 % der Einwohner leben, mit 10 % doppelt so hoch wie in den Landkreisen.
In Brandenburg dürfte das Wachstum 2021 mit 1,5 % zu den bundesweit niedrigsten zählen. Für 2022 ist eine Verdoppelung zu erwarten, die aber erneut den gesamtdeutschen Durchschnitt deutlich verfehlt.
Die wirtschaftliche Abschwächung aufgrund der Corona-Krise war allerdings 2020 mit -3,2 % vergleichsweise mild, so dass die Nachholeffekte entsprechend geringer sind. Hierfür dürfte die Nähe zur Bundeshauptstadt Berlin ausschlaggebend sein, die weniger konjunktursensitiv ist und ähnliche Wachstumsraten aufweist.
Die Erholung in der brandenburgischen Industrie war in den ersten acht Monaten 2021 mit 8 % noch unterdurchschnittlich, wobei die Auftragseingänge um gut 30 % gestiegen sind und weitere Verbesserungen ankündigen.
Das Bauhauptgewerbe scheint 2021 eine Verschnaufpause einzulegen, nach sehr hohen Umsatzzuwächsen in den Vorjahren.
Der Einzelhandel zeigt Dynamik mit einem realen Plus von 4,6 % (Deutschland: 1,5 %). Die Zahl der übernachtenden Gäste ist weit von der Vor-Corona-Zeit entfernt und lag 51 % unter dem Wert von 2019.
Der Flughafen Berlin-Brandenburg ist noch längst nicht auf dem avisierten Niveau. Verglichen mit den Passagierzahlen der zwei früheren Berliner Flughäfen Schönefeld und Tegel liegt der neue Airport 85 % unter dem 2019er Wert.
Der Klimaschutz ist für Brandenburg eine Herausforderung. Das Bundesland ist aufgrund des Kohleabbaus für 7,5 % der in Deutschland emittieren Treibhausgase verantwortlich und weist den höchsten Pro-Kopf-Wert aus.
Angesichts der brandenburgischen Arbeitslosenquote von nur 5,3 % sollten die Kompensationsmittel für den Kohleausstieg so verteilt werden, dass sie der absehbaren demografischen Entwicklung Rechnung tragen.
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