Der schmucke Gründerzeitbau ist das genaue Gegenteil von dem, was man sich unter dem Sitz eines jungen Start-ups vorstellt. Direkt gegenüber vom Palmengarten im Frankfurter Diplomatenviertel gelegen fügt er sich nahtlos in die Reihe der ansässigen Auslandsvertretungen ein.
Nur wenige Schritte hinter der Eingangstür, in einem großen hellen Raum, der früher vielleicht ein Wohnzimmer war, sitzt dann aber doch das bunt gemischte Entwickler-Team von Arabesque S-Ray. Manche sind ins Gespräch vertieft, andere brüten zu zweit über einem Ausdruck, wieder andere sitzen mit Kopfhörern vor dem Rechner und tippen konzentriert.
Wir allerdings sind im ersten Stock verabredet, wo wir neben S-Ray-CEO Andreas Feiner auch Lucie Haß und Philipp Kaiser von Helaba Digital sowie Stephan Kloock treffen. Er ist Bereichsleiter Credit Risk Management bei der Helaba – und einer der fachlichen Sponsoren der Beteiligung.
Start-ups hat Helaba Digital im Jahr 2020 gesichtet
Stephan Kloock
Bei Arabesque S-Ray dreht sich alles um das mehrdimensionale Nachhaltigkeits-Rating von Unternehmen, das für Investoren eine immer größere Rolle spielt. „Uns ist wichtig, diese Nachhaltigkeit umfassend zu analysieren und sie stärker in den Fokus zu rücken“, betont Andreas Feiner. „Deswegen verknüpfen wir in S-Ray verschiedene Ratings und Kriterien und führen die Ergebnisse in einer individuellen, jederzeit online abrufbaren Matrix zusammen.“
Neben dem ESG-Score – er bewertet Unternehmen im Hinblick auf Umweltrisiken, soziale Aspekte und die Unternehmensführung (also Environmental, Social, and Governance) – berücksichtigt S-Ray die ethischen Präferenzen des Kunden und errechnet außerdem den sogenannten GC-Score. Dieser beruht auf dem UN Global Compact (GC) und zeigt, wie Unternehmen sich im Hinblick auf Menschenrechte, Arbeitsrechte, Umweltschutz und Korruptionsvermeidung verhalten.
Mit dem Temperature Score hat das Start-up zudem ein einzigartiges Rating entwickelt und ebenfalls in S-Ray integriert. Basierend auf dem CO2-Ausstoß von Unternehmen zeigt es auf einen Blick, wie sich das Verhalten von Unternehmen auf den Klimawandel auswirkt. „Wir bewerten Unternehmen auf einer Skala von 1,5 bis 3 °C – in Anlehnung an die Pariser Klimaziele. Damit ermöglichen wir einer großen Zielgruppe einen einfachen Zugang und ein schnelles Verständnis“, bringt es Andreas Feiner auf den Punkt.
Um jederzeit aktuelle Nachhaltigkeits-Ratings zu liefern, steckt hinter der übersichtlichen Oberfläche von S-Ray ein ausgeklügeltes System. „Unser selbst entwickelter Algorithmus wertet automatisiert und in Echtzeit große Datenmengen aus über 30.000 Quellen aus – von den Unternehmen selbst, von NGOs und entsprechenden Dienstleistern“, erklärt Andreas Feiner. „Mittels maschinellen Lernens und menschlicher Kontrolle entwickeln wir die zugrunde liegenden Prozesse stetig weiter.“
Damit bringt das Start-up wertvolles Wissen in gleich drei wichtigen Bereichen in die Zusammenarbeit mit der Helaba ein: Big Data, Nachhaltigkeit und Künstliche Intelligenz. „Das sind drei wichtige Zukunftsthemen, die uns aktuell umtreiben. Deshalb war mein Interesse sofort geweckt, als ich über ein paar Ecken von S-Ray erfahren habe“, erinnert sich Stephan Kloock. „Ich habe das Team der Helaba Digital dann gebeten, die Möglichkeiten einer Beteiligung zu prüfen.“
Philipp Kaiser
Und dann ging alles ganz schnell. „In der Bank haben wir im Frühsommer 2019 mit der möglichen Beteiligung an Arabesque S-Ray einen Nerv getroffen.
Es bestand Interesse aus den unterschiedlichsten Einheiten der Helaba“, erinnert sich Philipp Kaiser. Ein entscheidender Faktor, schließlich musste auch der Vorstand von den Vorteilen einer Beteiligung überzeugt werden: „Die Kollegen waren wertvolle Verbündete. Ihre Begeisterung und ihre Impulse, wie wir die Ratings konkret nutzen können – das war sehr wichtig“, betont Stephan Kloock. „Schließlich zeigt das: Wir profitieren in diesen Kompetenzen von Arabesque S-Ray und ergänzen damit komplementär unser Know-how im Bereich Banking, Regulatorik und Produktstrukturierung. Und datengetriebene, zuverlässige Nachhaltigkeits-Ratings sind für viele unserer Kunden ein wichtiges Thema.“
Andreas Feiner
Andreas Feiner wendet sich seinen Partnern zu. Er ergänzt: „Klar: Die gemeinsame Entwicklung und der wechselseitige Wissensaustausch sind wichtige Faktoren unserer Zusammenarbeit – und natürlich gewinnen wir mit der Helaba nicht nur einen Partner, sondern auch einen großen und spannenden Kunden.“
Lucie Haß nickt zustimmend: „S-Ray kann in verschiedenen Helaba-Einheiten und Tochtergesellschaften eingesetzt werden. Unter anderem prüft die Helaba Invest den direkten Einsatz, mit anderen haben wir auch bereits erste Gespräche geführt.“
Lucie Haß
Zukünftig wird die Zusammenarbeit mit dem Start-up also weiterwachsen und sich auf immer mehr Geschäftsbereiche der Helaba ausweiten. Kein Wunder, Andreas Feiner hat große Pläne.
Aktuell bewertet S-Ray ungefähr 7.000 der weltweit größten Unternehmen, in den nächsten Jahren soll diese Zahl auf 100.000 Unternehmen steigen. Und auch das Rating entwickelt sich weiter: „Aktuell arbeiten wir an einer Plattform, auf der Unternehmen Nachhaltigkeitsdaten veröffentlichen können, das dient der weiteren Optimierung unserer Quellenbasis. Außerdem entwickeln wir gemeinsam mit der Helaba und weiteren Partnern ein Nachhaltigkeits-Rating speziell für Immobilien“, fasst Andreas Feiner zusammen.
Um diese Entwicklungen zu fördern und Arabesque S-Ray weiter voranzubringen, wird er sich am absoluten Hotspot der Start-up-Szene inspirieren lassen – er plant sobald wie möglich ein paar Monate im Silicon Valley zu verbringen.
Lucie Haß und Philipp Kaiser leiten Helaba Digital. Die Gesellschaft investiert in Start-ups und Technologie mit operativem Nutzen für Kunden der Helaba.
Als öffentlich-rechtliches Institut versteht die Helaba Nachhaltigkeit als Kern ihres Geschäfts und Ausgangspunkt jeder Kundenbeziehung.