Rein geografisch gesehen liegen Karlsruhe und Anápolis nicht gerade nah beieinander: 10.000 Kilometer, reichlich Wasser des Atlantiks und eine Flugdauer von rund 15 Stunden trennen die Städte, in denen der deutsche Maschinenbauer Romaco und das brasilianische Pharmaunternehmen Vitamedic ansässig sind. Gleichwohl schmilzt eine solche Entfernung im 21. Jahrhundert schnell zusammen, wenn es um ein gutes Geschäft geht – wie in diesem Fall.
Vitamedic produziert Generika für den brasilianischen Markt. Mit einem Volumen von etwa 22 Milliarden US-Dollar ist er der sechstgrößte Pharmaziemarkt der Welt – Tendenz steigend. Obwohl der Wirtschaftsmotor Brasiliens in den vergangenen Jahren stotterte, sind trotzdem mehr als 40 Millionen Brasilianer in die Mittelschicht aufgestiegen, womit auch die Nachfrage nach pharmazeutischen Produkten wuchs. Generika, deren Wirkstoffe wie Ibuprofen und Cetirizin mit einem bereits früher zugelassenen Arzneimittel übereinstimmen, sind wirksam, gut erprobt, vergleichsweise kostengünstig und damit beliebt. 2018 wuchs ihr Anteil am brasilianischen Markt mit 11,1 Prozent deutlich stärker als der Gesamtmarkt und dieser Trend dürfte anhalten. Gute Gründe also für Vitamedic zu investieren und expandieren.
Steigerung Anteil Generika im brasilianischen Pharmaziemarkt
„Aber das sagt sich so leicht – man muss es dann ja auch richtig planen und umsetzen“, sagt Gabriel Steiner, während er aus dem Fenster seines Büros hinaus in den Regen von São Paulo blickt. „Und das ist durchaus komplex.“ Steiner hat die deutsche und brasilianische Staatsbürgerschaft, leitet die hiesige Helaba-Repräsentanz und hat den Deal zwischen Romaco und Vitamedic maßgeblich begleitet. Die Brasilianer hatten den Maschinenbauer auserkoren, ihre neue Produktionsstätte umfassend auszurüsten – unter anderem mit automatischen Verpackungslinien für Tabletten-Blisterverpackungen inklusive Kartonierer, Waagen und Palettierer sowie eine Verpackungslinie für flüssige Produkte. Gesamtvolumen des Auftrags: über zehn Millionen Euro.
„Das Darlehen der Helaba war für uns extrem wichtig, vor allem wegen der langen Zahlungsfristen und eines Zinssatzes, der viel attraktiver ist als die von lokalen Banken angebotenen Konditionen.“
Milton Penna, Grupo José Alves
„Die Leistung und Betriebssicherheit von Romacos Ausrüstung hat uns sehr überzeugt, genauso wie die in Brasilien angebotene technische Unterstützung“, erläutert Milton Penna die Kaufgründe. Der Finanzchef von Vitamedics Mutterkonzern Grupo José Alves fährt fort: „Das Darlehen der Helaba war für uns extrem wichtig. Das liegt vor allem an den langen Zahlungsfristen und einem Zinssatz, der viel attraktiver ist als die von lokalen Banken angebotenen Konditionen.“ Ohne die vergleichsweise lange Laufzeit von neun Jahren wäre es Vitamedic finanziell nicht möglich gewesen, die hochmoderne deutsche Technologie zu erwerben. Das Unternehmen hätte mit weniger innovativen und effizienten Maschinen aus Brasilien vorliebnehmen müssen.
„Das Projekt mit Vitamedic markiert das bislang größte Einzelgeschäft der Romaco-Gruppe. Wir hätten es ohne den ausdauernden Einsatz der Helaba-Mitarbeiter, den komplexen Kredit zu gestalten, nicht erfolgreich abschließen können. Das Engagement hat uns sehr beeindruckt.“
Guido Bourtscheidt, Leiter Finanzen der Romaco Holding
Aber genau an dieser Stelle kam die Helaba ins Spiel. „Wir traten als Berater und Brückenbauer auf, um die Exportfinanzierung sicherzustellen“, sagt Gabriel Steiner. „Unser Verständnis für den brasilianischen Markt, das Wissen um die hiesigen Strukturen und die Mentalität waren dabei sehr vorteilhaft.“ Denn die Fragen, die sich im Zusammenhang mit der Strukturierung einer Exportfinanzierung mit Hermes-Bürgschaft – eine durch die Bundesrepublik Deutschland gewährte Exportkreditgarantie für Exporteure und Banken – stellten, waren vielfältig und bedurften vieler Gespräche und Analysen: Wie sind Vitamedic und die Grupo José Alves wirtschaftlich und organisatorisch aufgestellt? Wie steht es um die Bonität und die Zukunft der Unternehmen? Wie lässt sich das Kreditrisiko adäquat taxieren und wie kann für alle Parteien Transparenz und Rechtssicherheit hergestellt werden?
„Unser Verständnis für den brasilianischen Markt, das Wissen um die hiesigen Strukturen und die Mentalität waren für die Exportfinanzierung sehr vorteilhaft.“
Gabriel Steiner, Helaba São Paulo
Fragen, auf die schlüssige Antworten gefunden werden mussten, denn die Hermes-Deckung war Voraussetzung für das Geschäft. Und weil die Grupo José Alves noch nie zuvor einen hermesgedeckten Bestellerkredit abgeschlossen hatte, gab es auch in Frankfurt alle Hände voll zu tun. Während Gabriel Steiner den neuen Kunden also vor Ort betreute, knobelten Diana Häring und ihr Team in Frankfurt am Vertrag. „Wir haben rund ein Jahr lang daran gearbeitet, das Geschäft zu strukturieren. Und das hat sich gelohnt!“, sagt die Leiterin der Abteilung für Außenhandelsfinanzierungen und Gabriel Steiner ergänzt: „Natürlich freuen wir uns generell über nachhaltig gute Geschäfte. Mit unserer Repräsentanz in São Paulo möchten wir derartige Deals in Brasilien auch künftig forcieren.“
„Mit unserer Repräsentanz in São Paulo möchten wir derartige Deals künftig forcieren.“
Gabriel Steiner, Helaba São Paulo
Mittelständler wie Romaco so gut es geht zu unterstützen ist der Helaba auch als Verbundbank der Sparkassen ein besonderes Anliegen. Häufig sind diese es auch, die den ersten Impuls setzen, weil sie einen direkten Draht zu lokalen Mittelständlern haben. So auch bei diesem Deal. Neben der Sparkasse Pforzheim Calw sind die Kreissparkasse Biberach und weitere Sparkassen bei Romaco engagiert. „Wir haben einen sehr vertrauensvollen Kontakt zu Romaco“, sagt Tobias Rommel, der dort die Abteilung Internationales Geschäft leitet. Für ihn und sein Team ist es selbstverständlich, die mittelständischen Kunden in der ganzen Breite des Auslandsgeschäfts zu unterstützen. Daneben sind Anfragen über strukturierte Finanzierungen von 30 bis 100 Millionen Euro im Small und Mid Cap-Bereich, die über hauseigene Corporate-Finance-Spezialisten gemanagt werden, nicht ungewöhnlich. Kurz nachdem Romaco ihr Anliegen bei ihm platziert hatte, holte Rommel die Helaba ins Boot, um die nötige Unterstützung für den Kredit zu bekommen. „Ein Standard-Kreditvertrag wäre wenig hilfreich gewesen“, sagt Rommel. „Alle Beteiligten haben viel Kreativität und Zeit investiert, die Helaba das Projekt sehr umsichtig gemanagt. Nur deshalb verlief das Geschäft so erfolgreich.“
„Das Geschäft verlief deshalb erfolgreich, weil alle Beteiligten viel Kreativität und Zeit investiert haben – und die Helaba das Projekt sehr umsichtig gemanagt hat.“
Tobias Rommel, Internationales Geschäft, Sparkasse Biberach
Von São Paulo aus begleitet die Helaba deutsche und europäische Unternehmen, insbesondere Sparkassenkunden, beim Markteintritt in Lateinamerika und unterstützt sie beim Ausbau ihrer lokalen Geschäfte. Attraktive Kreditlinien gehören ebenso zum Angebot wie eine interkulturelle Beratung und bei Bedarf Kontakte zu anderen Unternehmen, Behörden, Rechts- und Buchhaltungsbüros. Gleichzeitig baut die Helaba in Brasilien ihre Geschäfte mit lateinamerikanischen Finanzinstituten aus, die ihre Produktpalette oder ihren Zugang zu Europa ausweiten wollen.
São Paulo gilt als die Finanzhauptstadt Lateinamerikas und ist einer der größten deutschen Wirtschaftsstandorte außerhalb der Bundesrepublik. Die Deutsch-Brasilianische Kammer, die den brasilianischen und den deutschen Markt verbindet, hat 1.200 Mitglieder.
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