Der globale Aufschwung kommt in die Jahre. Die Diskussion über die früher oder später unvermeidliche Rezession hat sich intensiviert.
Die gute Nachricht ist, dass die realwirtschaftlichen Ungleichgewichte in den wichtigsten Industrieländern überschaubar sind. Von Über- und Fehlinvestitionen wie im „New Economy“-Boom der späten 1990er Jahre kann nicht die Rede sein. Die Bauaktivität hat nicht annähernd die Ausmaße erreicht wie in den USA, in Spanien oder in Irland unmittelbar vor der Finanzkrise. Dies spricht für eine relativ milde Rezession – zumindest in den Industrieländern. Die Schwellenländer, von denen viele schon 2018 angezählt worden sind, könnten stärker in Mitleidenschaft gezogen werden.
Der fiskalische Spielraum ist vielfach sehr beschränkt, da die Schuldenstände in vielen Ländern Höchststände erreicht haben. Zudem wurden schon während der Expansionsphase die Defizite in etlichen Regionen deutlich hochgefahren.
Ähnlich ist die Situation für die Geldpolitik. Über niedrige Zinsen setzte sie Anreize für Unternehmen und Konsumenten, immer mehr Kredite aufzunehmen. Die Schulden des privaten Sektors sind derzeit fast überall höher als vor der Finanzkrise – Deutschland stellt hier trotz des Immobilienbooms eine Ausnahme dar.
Wie viel können die Notenbanken da in der nächsten Krise bewegen? Die wichtigsten Leitzinsen sind selbst zehn Jahre nach der Krise noch immer äußerst niedrig. Dies schränkt die Handlungsfähigkeit der Notenbanken innerhalb ihres traditionellen Therapieansatzes „Zinsen runter“ spürbar ein. Der Einsatz von „unkonventionellen“ Instrumenten kann hier kein vollwertiger Ersatz sein – ihre Wirksamkeit ist umstritten und ihre Anwendung schon im letzten Zyklus auf erheblichen politischen und zum Teil juristischen Widerstand gestoßen.
Potenzielle Auslöser für eine globale Rezession 2019 lassen sich mehr als genug finden. Die im Hauptszenario erwartete Abschwächung in China kann überraschend deutlicher ausfallen. Chinas Konsumenten, Unternehmen und Anleger verlieren wie schon 2015 plötzlich das Vertrauen in die Führung in Peking. In den USA warnen manche Beobachter, dass die Fed bereits zu stark gestrafft hat. Die schon erfolgten Zinserhöhungen könnten daher ausreichen, um – wie in vergangenen Zyklen – die Expansion abzuwürgen. Schließlich ist nicht viel Fantasie erforderlich, den jüngsten Abwärtstrend der Konjunkturindikatoren in der Eurozone zu verlängern, bis in die Rezession hinein.
Falsche Therapien beschleunigen die rezessive Abwärtsspirale. Selbst wenn die Dinge nicht wie in den 1930er Jahren eskalieren, liegen die Risiken einer Politik auf Kosten der anderen auf der Hand: sei es durch eine gezielte Abwertung der Währung oder höhere Handelshemmnisse.
In den USA könnte Donald Trump das Protektionismus-Rad überdrehen und einen Einbruch der Verbraucher- und Unternehmensstimmung provozieren. China und – im Falle von Autozöllen – die deutsche Exportwirtschaft wären unter den Hauptleidtragenden. Die EU ist in anderer Hinsicht politisch und institutionell besonders anfällig: Ein „Chaos-Brexit“ kann massive Verwerfungen im innereuropäischen Handel nach sich ziehen.
Fällt die Eurozone in die Rezession, vertiefen sich zudem bestehende politische Gräben. So wird die Tragfähigkeit der italienischen Staatsschuld in Frage gestellt. Gleichzeitig lässt die Regierung in Rom zur Bekämpfung der Rezession noch höhere Defizite zu. Am Rentenmarkt dürften die Risikoaufschläge für italienische Staatsanleihen ein kritisches Niveau erreichen, eine Bankenkrise dort wäre wahrscheinlich – zumal in diesem Szenario die sowieso schon umfangreichen notleidenden Kredite wieder steigen würden. Ansteckung droht Ländern wie Spanien und Portugal. Trotz (und teilweise auch wegen) einer Lockerung der Geld- und Fiskalpolitik stünde die Zukunft des Euro wieder zur Debatte.
Die zunehmende Unterauslastung der gesamtwirtschaftlichen Kapazitäten führt zu einem starken Abwärtsdruck auf die Teuerung. Die Notenbanken beenden ihren Normalisierungskurs und schalten rasch in den Expansionsmodus um. Die Fed senkt den Leitzins. Angesichts des begrenzten Zinssenkungsspielraums legt sie wahrscheinlich ein neues Kaufprogramm auf. Die EZB verzichtet auf Zinserhöhungen und steigert ebenfalls ihren Expansionsgrad mit neuen Kaufprogrammen. Dabei dürfte die Refinanzierungsfähigkeit der Euro-Staaten im Vordergrund stehen.
Anleger suchen Sicherheit und schichten aus Risikoassets in die „sicheren Häfen“ US-Treasuries und Bundesanleihen um. Im Zuge dessen fallen die 10-jährigen US-Treasuries wieder auf ihren langfristigen Abwärtstrend zurück. Die Rendite 10-jähriger Bundesanleihen lotet neue historische Tiefstände in Richtung der – 1%-Marke aus, da die übrigen europäischen Staatsanleihen gemieden werden.
Der US-Dollar wird in Zeiten hoher Unsicherheit seinem Ruf als Krisenwährung gerecht, zumal die Probleme in der Währungsunion den Euro belasten. Der Euro-Dollar-Kurs fällt auf 0,95.
Auch Gold ist in schwierigen Zeiten gefragt und gelangt in den Bereich von 1.600 bis 1.800 US-Dollar pro Unze.
Sinkende Unternehmenserträge führen zu einem merklichen Anstieg der Verschuldungsquoten. Die Bilanzqualität der Banken nimmt erheblich ab. Bei Covered Bonds bleiben die Bonitätsauswirkungen hingegen überschaubar. Insgesamt rechnen wir für Unternehmensanleihen mit einem starken Anstieg der Risikoprämien.
Umsatzeinbrüche und Margendruck sorgen für deutliche Rückgänge bei den Unternehmensgewinnen. Eine anziehende Risikoaversion führt zu markanten Bewertungsabschlägen. Der DAX fällt in den Bereich um 9.000 Punkte.
Der konjunkturelle Einbruch lässt Immobilienwerte korrigieren, vor allem in stark überbewerteten Segmenten. Die gewerblichen Mieten sinken wegen schwacher Vermietungsnachfrage. Der deutsche Wohnungsmarkt erweist sich dagegen als relativ stabil. Angesichts des in den letzten Jahren aufgestauten hohen Nachfrageüberhangs ist nicht mit einem nennenswerten Rückgang der Wohnungsmieten zu rechnen.
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